New Work stellt eine Lösung mit vielen Versprechungen für nahezu alle Probleme der aktuellen Arbeitswelt dar. Doch für viele Unternehmen scheint das Konzept noch weit entfernt vom gewohntem Arbeitsleben.
Agile Methoden oder eine modernen Bürogestaltung, grenzenloser Kaffeegenuss oder der berühmte Obstkorb allein genügen jedoch nicht und beeinhalten nicht den Sinn des Konzepts „New Work”, den sich Frithjof Bergmann 2017 erhoffte.
Unsere Arbeitswelt hat sich verändert und sie wird sich weiterhin rasant verändern. Mehr und mehr Prozesse laufen automatisch, die Vernetzung untereinander wird immer unkomplizierter, was standortübergreifende Zusammenarbeit erleichtert. Wissen gewinnt immer mehr an Bedeutung und ständig entstehen neue Berufe.
Fakt ist: Ja, man kann New Work wirklich lernen! Allerdings geschieht dies nicht von heute auf morgen. Es benötigt einen tiefgreifenden Wandel im gesamten Unternehmen und vor allem im Mindset!
New Work umfasst innovative Ansätze der Arbeitsplatz-Gestaltung, insbesondere aber auch eine neue Einstellung zur Arbeit selbst.
Wie alle Dinge hat jedoch auch dieses Konzept Schwächen und Kritikpunkte:
1. New Work erfordert enorme Konzentration, Organisation und Koordination. Sämtliche Bedürfnisse sollen berücksichtigt und gleichzeitig alle Prozesse optimiert werden. Hier droht enormes Chaos bei mangelnder Kommunikations- sowie Fehlerkultur.
2. Ein Obstkorb und ein neuer Kaffeevollautomat allein symbolisieren keine New Work Kultur!
3. Bei all dem Fokus auf die Mitarbeiterzufriedenheit sollte die Kundenzufriedenheit nicht in den Hintergrund rücken.
Durch die Verschmelzung von Beruf und Privatleben droht eine zusätzliche Be- und Überlastung.
New Work – New Mindset
New Work beschreibt den strukturellen Wandel in unserer Arbeitswelt – bedingt durch die Digitalisierung und die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse der neuen Generationen.
Für viele Unternehmen bedeutet New Work neben Freiheit, Flexibilität und Selbstständigkeit auch ganz besonders ein neues Miteinander, wofür es ein neues Mindset braucht.
Diese Herausforderungen zu meistern, ist nicht nur Führungsaufgabe, sondern die Aufgabe jedes einzelnen Mitarbeiters.
Unsere Gesellschaft ist auf Leistung geprägt. In diesem System ist es immer der Stärkere und Bessere, der sich durchsetzt und klare Regeln aufstellt.
Doch was, wenn man nicht der stärkste Mensch ist? Vielleicht auch nicht sein möchte?
New Work fordert deshalb mehr denn je ein New Mindset.
Ein Mindset, dass aus diesen Unterschieden ein Miteinander entstehen und so gemeinsamen Erfolg wachsen lässt. Ein Mindset, welches jedem Menschen ganz individuell dabei hilft, ein komplexes Netzwerk zu bilden und zu steuern. Ein Mindset, dass sich anhand des Mango-Prinzips beschreiben lässt:
Miteinander: Im New Work spiel Diversität eine große Rolle. Die Einflussfaktoren sollen so vielfältig wie möglich sein, um so von diesen unterschiedlichen Erfahrungen profitieren zu können.
Alle im Blick: Bei dem Konzept New Work geht es um Partizipation und Eigenverantwortung. Es geht um Meinungsaustausch mit dem Ziel, die bestmögliche Lösung zu erreichen. Es geht darum, den Kontext und die Interessen des jeweils anderen zu verstehen. Das wiederum erfordert Neugier, die Fähigkeit gute Fragen zu stellen und vor allem empathisch zuzuhören.
Nutzen stiften: Von jedem einzelnen Mitarbeiter wird erwartet danach zu streben, was für das gesamte Unternehmen am besten ist und nicht, nach dem eigenen Vorteil zu suchen. Hierzu gehört es vor allem Informationen sofort zu teilen und Machtspiele außen vor zu lassen.
Gemeinsam gewinnen: Die im New Work immer wichtigere Wissens- und Schöpfungsarbeit kann nicht im Silo stattfinden. Es geht um vernetzte Prozesse zwischen verschiedenen Abteilungen und Wissensdisziplinen.
Offenheit: Im New Work gilt in allen Bereichen vor allem flexibel und offen zu bleiben, um sich auf andere Vorgehensweisen und Ideen einlassen zu können. Wer aktiv den Austausch mit Menschen sucht, die anders sind als er selbst, profitiert durch neue Sicht- und Herangehensweisen.
In den vorangegangenen Arbeitswelten wurden die Erfolge guter Führung durch wirtschaftliche Kennzahlen sichtbar. Bei erreichen der angestrebten Kennzahlen stand die nächste Gehaltserhöhung oder Beförderung an.
Das Arbeitsklima, die Mitarbeiterzufriedenheit oder die Stimmung im Team interessierte viele nicht. „Alle sollen ihre Arbeit machen, dafür werden sie bezahlt“ oder ein allgemeines Stöhnen über „unfähige“ oder „faule“ Mitarbeitende beherrschte in vielen Führungsrunden den Arbeitsalltag. Insbesondere Chefs, die nur ihre eigenen Ziele im Blick haben und ihre Fehler nicht sehen (wollten), suchten eher Schuldige unter ihren Mitarbeitenden, um über die eigene Inkompetenz hinwegzutäuschen.
Das war jetzt sehr deutlich, ich weiß!
Welche Rolle übernehmen Führungskräfte heute?
Um diese Frage zu beantworten dürfen sich Unternehmen zuerst folgende Frage beantworten: Wie schafft es also ein Unternehmen heute, die Potenziale seiner Mitarbeitenden zu nutzen und mit ihnen vertrauensvoll zusammenzuarbeiten?
Daraus schließt sich meist die Rolle eines Partners oder Beraters. Eine Führungskraft soll eine Mensch sein, der zur Seite steht, der da ist, wenn es drauf ankommt, der berät, unterstützt und führt. Es ist vielmehr die Rolle eines Dienstleisters.
Das bedeutet, nicht mehr zu sagen, wo es „lang geht“, sondern zu fragen: „Was brauchen Sie?“ oder „Was kann ich für Sie tun, damit Sie gut arbeiten können?“ Es geht also darum, sich auf die Führungsaufgaben zu konzentrieren und gleichzeitig gut zwischen Unternehmensleitung, anderen Abteilungen und dem eigenen Team zu kommunizieren. Dafür muss das eigene Sinnverständnis von Führung entwickelt oder verändert werden.
Kurz gesagt:
Streng hierarchische Führung wird ersetzt durch Vertrauen und Empathie. Hauptaufgabe der neuen Führungskräfte ist es, die Mitarbeiter zur Eigenverantwortung zu befähigen und deren Stärken zu fördern.
Der Weg zur Selbstführung erfordert Mut zum Kennenlernen der eigenen Persönlichkeit. Viele Führungskräfte tragen im Unternehmen eine Maske, da sie glauben, sonst nicht respektiert zu werden.
Ein wichtiger Teil der Selbstführung ist das Kümmern um sich selbst: Die Selbstfürsorge. Damit ist kein Egoismus gemeint, sondern Zeit, um belastenden Stress zu verarbeiten, um abzuschalten und wieder neue Kraft zu schöpfen.
Nur Menschen, die sich selbst gut führen können, können auch andere gut führen!
Führungskräfte die sich selbst gut führen und einen hohen stabilen Selbst-Wert haben, gehen souverän mit Kritik um, sind glaubwürdig und treten sicher auf.
Sie sind unabhängig von anderen Meinungen, fühlen sich sicher und wissen, was Sie können. Sie geben Ihren Mitarbeitenden Orientierung und vermitteln Sicherheit. Sie leiten Informationen weiter und behalten sie nicht für sich, da Sie wissen, wie wichtig Informationen für andere sind.
Regelmäßige Auszeiten sind sehr wichtig. Eine solche Auszeit, z.B. in einem Kloster oder mit einem Coach, ist sehr wohltuend, auch wenn es erst irritierend sein könnte, sich mit sich selbst zu beschäftigen – jedoch kommt man gestärkt wieder zurück!
Agile Work
Agiles Arbeiten ist die Grundlage für Zukunftsfähigkeit.
Die Zukunft gewinnt, wer sie mutig gestaltet und dieses Gestalten, durchgeführt von einer lernenden Organisation, macht eben diese Organisation krisenfest und zukunftsfähig.
• Agiles Arbeiten ist ein mehrdimensionaler Ansatz, denn alles andere stünde der Idee der Agilität entgegen.
• Agiles Arbeit definiert in diesem Sinne nur gewisse Grundsätze, lässt aber viel Spielraum. Agiles Arbeiten optimiert die Art und Weise, wie Teams zusammen arbeiten um gemeinsam einen Mehrwert schaffen.
• Agile Arbeitsmethoden beschleunigen die Umsetzung von Projekten und fördern die Entwicklung innovativer Ideen.
Diese Arbeitsweise befähigt Teams, autonom Ziele zu setzen und diese zu erreichen.
Scrum ist eine spezifische Form des agilen Arbeitens, die weit verbreitet ist. Die Grundidee ist, eine größere Aufgabe in kleine Schritte zu zerlegen, diese abzuarbeiten und so frühzeitig Teillösungen bereitzustellen. Die Planungs- und Umsetzungsphase der Teillösungen eines Projekts werden als „Sprints“ bezeichnet und dauern in der Regel nicht länger als einige Wochen.
Zu Beginn des Sprints wird aus der gesamten Aufgabengruppe die nächste wichtige Teilaufgabe ausgewählt, konkrete Ziele identifiziert und bearbeitet.
Das Task Board ist das zentrale Management-Tool. Am Ende des Sprints ist ein Teil des Produkts verkaufsfertig und wird an den Kunden geliefert. Nach dem Sprint wird die Arbeit des Teams reflektiert und es können Verbesserungen vorgenommen werden, dann wird die nächste Aufgabe ausgewählt.
Als neue Arbeitsform verspricht flexibles Arbeiten neue Freiheiten und kann die Energie und Kreativität der Mitarbeiter freisetzen. Andererseits ist die Flucht aus den dominierenden klassischen Strukturen oft sehr lang und bedarf einer sorgfältigen Begleitung. Wird diese Unterstützung zögerlich angeboten, führt agiles Arbeiten nicht zu Verbesserungen, sondern zu Ineffizienz. Durch eine professionelle Umsetzung unter sorgfältiger Berücksichtigung der individuellen Ausgangssituation im Unternehmen und bei den Mitarbeitern wird der Veränderungsprozess erfolgreich sein und somit seine Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität nachhaltig steigern.
„Agilität ist eine Führungsdisziplin. Es geht darum, Gruppen von Menschen im Unternehmen dazu zu befähigen, gemeinsam, selbstständig und frühzeitig die Notwendigkeit für einen Richtungswechsel zu erkennen.
Das Neue an der Agilität liegt darin, dass die gemeinsame Suche nach Lösungen und die kollektive Intelligenz im Vordergrund stehen.“ „Nur die Agilen werden überleben“ (von Horst Wildemann, 2018)
Potenzialentfaltung
Der Mensch rückt in den Mittelpunkt: Selbstverwirklichung und Potenzialentfaltung des Einzelnen sind zentrale Werte!
Der Begriff „Potenziale freisetzen“ wird häufig im Bereich der Positiven Psychologie verwendet, hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Aufbau von Stärken („Ich konzentriere mich auf meine Fähigkeiten und Stärken, nicht auf Schwächen“). Potenzialentfaltung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein Mensch seine Fähigkeiten, Stärken, Interessen und Talente entdeckt, entwickelt und (aktiv) einsetzt.
New Work ist erstmal ein inneres Abenteuer, in welchem wir langsam lernen aus allem mechanischen Denken herauszukommen
Frederic Laloux
Ob und wie sich ein Potenzial entfaltet, darf jeder Mensch selbst entscheiden.
Dabei kann ein Blick von außen sehr wertvoll sein. Die gemeinsame Reflexion, beispielsweise mit einem Coach, kann hilfreich sein, die eigene Persönlichkeit sowie aktuelle Herausforderungen und auch Wünsche besser zu verstehen. Daraus ergibt sich die Klarheit, die es braucht, um weitere eventuell verändernde Entscheidungen treffen zu können.
Idealerweise gibt es in allen Organisationen Strukturen, die Mitarbeiter*innen befähigen, selbst ihre Potenziale zu reflektieren und die persönliche Entwicklung in regelmäßigen Abständen in den Blick zu nehmen.
Dies braucht es, denn die Rolle des Mitarbeiters wandelt sich vom Lohnarbeiter mit Stempelkarte zum Intrapreneur mit Leidenschaft. Selbstverantwortung ist der neue Weg.
Eigene Ideen einbringen ist nicht mehr nur erlaubt, sondern aktiv erwünscht. Zurückhaltung und eine „der Chef wird‘s schon richten“-Mentalität gehört zu Old Work. New Work hingegen will Mitarbeiter befähigen, ihre Talente einzubringen und mit Engagement das Unternehmen voranzutreiben. Intrapreneure übernehmen als ‚Unternehmer im Unternehmen‘ Verantwortung und zeigen Initiative und Leidenschaft für das Unternehmen. New Work bedeutet für Gamechanger, etwas zu bewirken.
Waren Sie schon einmal so richtig in einem Flow, in welchem Sie das gesamtes Potenzial ausschöpfen und verwirklichen konnten?
Das Gefühl der vollkommenen Konzentration, volles Eintauchen ins Geschehen, ein echter Schaffensrausch – für jeden, der einen solchen „Flow“ bei seiner Arbeit erlebt, ist das ein wunderbares Gefühl.
Psychologen beobachten und analysieren seit Jahrzehnten den Gedankenfluss, die Kreativität und die Handlungsbereitschaft, die vieles so einfach erscheinen lässt.
Sobald unser Gehirn mehr Dopamin als wichtigen Neurotransmitter produziert, steigert dieser das Vergnügen, die Motivation, die Leistung des Gedächtnisses und die Konzentration. Infolgedessen wird als Ergebnis die Kreativität sowie die Produktivität gesteigert.
Es wird der sogenannte Flow ausgelöst, ein einzigartiger Bewusstseins- und Konzentrationszustand, in dem beste körperliche und geistige Leistungen gelingen. Der Begriff wurde bereits in den 1970er-Jahren vom ungarisch-amerikanische Psychologen Mihály Csíkszentmihályi geprägt, der ihn sowohl auf Sportler, Wissenschaftler, Wirtschaftsgrößen und Künstler anwandte. Für ihn gab es sechs Merkmale für den perfekten Flow:
• Vollständige Konzentration (auf ein begrenztes Feld)
• Verschmelzung von Aktion und Bewusstsein
• Verlust des Selbst(bewusstseins)
• Ausdehnung der Zeit
• ein Gefühl der Kontrolle
• „autotelische“ Erfahrung (Mühelosigkeit)
Die gute Nachricht sei, dass es möglich ist, sich selbst so zu trainieren, um in einen solchen Aktivitätsfluss zu gelangen, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt seien.
„Flow ist universell. Jeder kann überall in diesen Zustand gelangen. Und er kann zuverlässig und wiederholbar werden.“ Kotler
Was aber sind nun die äußeren Faktoren, die jeden Menschen, bezogen auf seine berufliche Tätigkeit helfen, sein echtes Potenzial zu entfalten?
Fakt ist, wir selbst können eine Menge dazu beitragen, ja uns selbst sogar in den Zustand des Flows trainieren.
Hier folgen ein paar Tipps, wie du selbst dazu beitragen kannst:
1. Intrinsische, also aus sich selbst heraus entwickelten Motivatoren: Neugierde, Leidenschaft, Zielsetzung, Autonomie und Beherrschung.
2. Körperliches Wohlbefinden durch gelungene Aktivitäten, das Erreichen eines Zieles oder einer Idee.
3. Körperliche und geistige Fitness.
4. 7-8 Stunden Schlaf pro Nacht.
5. Regelmäßige Flüssigkeitszufuhr und Ernährung.
6. Eine funktionierende soziale Umgebung.
7. Das Nervensystem mithilfe von täglichen Dankbarkeitsübungen beruhigen.
8. Ängste und Emotionen mithilfe von Achtsamkeits- und Atempraxis regulieren.
Flow folgt dem Fokus. Er stellt sich nur ein, wenn wir uns auf die anstehende Aufgabe konzentrieren. Wenn wir unsere eigene Biologie verstehen und über ein paar dieser Methoden verfügen, können wir bei der Arbeit produktiver sein und uns im Leben ein wenig besser fühlen.
Mein persönliches Fazit:
Auch wenn ich von Konzepten, wie beispielsweise New Work völlig überzeugt bin, eines liegt mir bei all dem Hype noch sehr am Herzen:
Manchmal funktionieren Dinge in der Theorie besser, als im REAL LIFE!
Unsere Unternehmen stehen momentan (fast) alle an den Stufen der Herausforderung einer neuen Arbeitswelt. Sie sind bereit, die Schritte zu gehen, aber es gibt durchaus noch Bereiche, in denen ein Konzept wie New Work (noch) nicht umsetzbar ist. Es fehlt überall an Fachkräften und bestimmte Herangehensweisen sind ganz einfach nicht für alle Branchen geeignet.
Aus diesem Grund sollten wir den Unternehmen Zeit geben, diesen Prozess zu durchlaufen, denn New Work bedeutet vor allem INNER Work!
Geduld, Achtsamkeit, Ausdauer, Respekt und bewusste Wahrnehmung sind Fähigkeiten, die von einem jeden von uns gefordert sind, um ein gelingendes Miteinander zu gestalten. Geben wir den Dingen doch einfach mal den Raum, den sie für bestimmte Entwicklungsschritte benötigen.